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Scheidungsrecht

Zwei goldene Ringe auf einem Ehevertrag

Ehevertrag, © picture alliance / dpa

04.12.2017 - Artikel

Am 21.06.2012 ist eine EU-Verordnung („Rom III“) in Kraft getreten, die regelt, welches Recht im Falle einer Ehescheidung in Fällen mit Auslandsbezug zur Anwendung kommt.
Gerichte in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg,
Litauen (seit 21.11.2012), Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Spanien, Slowenien und Ungarn werden Rom III künftig zur Grundlage der Frage machen, welches Recht sie auf eine Scheidung anwenden. Weitere Länder können folgen. Gerichte in anderen Staaten werden diese Frage - wie bisher - nach den Regeln ihres eigenen Internationalen Privatrechts beurteilen.
Angesichts der erhöhten Mobilität der Bürger und der wachsenden Zahl sowohl von binationalen Ehen wie auch von Menschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten will Rom III einheitliche Regeln schaffen, welches Recht auf eine Scheidung Anwendung findet. Dabei wird grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten und nicht mehr primär an ihre Staatsangehörigkeit angeknüpft.
Rom III will außerdem die Möglichkeit der Rechtswahl stärken. Die Ehegatten können das auf ihre Scheidung anwendbare Recht selbst bestimmen. Dabei können sie beispielsweise das Recht des Staates wählen, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Ist einer der Ehegatten Deutscher, kann also deutsches Recht gewählt werden.
2. Warum ist es wichtig, diese Verordnung zu kennen?
Haben die Ehegatten keine einvernehmliche Rechtswahl getroffen, unterliegt ihre
Scheidung nun dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der
Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Haben sie keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mehr, kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, es sei denn, beide Partner haben den gewöhnlichen Aufenthalt an diesem Ort aufgegeben oder ein Partner hat dies vor mehr als einem Jahr getan. Dann kommt das Recht des Staates zum Zuge, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen. Haben sie keine gemeinsame
Staatsangehörigkeit, so gilt das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Beispielsfall: M zieht mit seiner deutschen Ehefrau F nach Laos. Dort leben sie zwei Jahre in Vientiane, dann kommt es dort zur Trennung. F kehrt nach Deutschland zurück. M bleibt in Laos. F stellt in Deutschland einen Scheidungsantrag. Eine Rechtswahl hinsichtlich des im Falle einer Scheidung anwendbaren Rechts haben die Ehepartner nicht vorgenommen.
Vor dem 21.06.2012 hätte das deutsche Gericht auf die Scheidung von M und F deutsches Recht angewandt. Seit dem 21.06.2012 ist auf die Scheidung laotisches Recht anwendbar.
Rom III sieht universelle Anwendbarkeit vor (Art. 4), d.h. die Gerichte der Mitgliedstaaten wenden das insoweit maßgebliche Recht auch dann an, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaates ist.
3. Was bedeutet „anwendbares Scheidungsrecht“?
Der Anwendungsbereich der Rom III–Verordnung umfasst das materielle Scheidungsrecht.
Dazu gehören die Scheidungsvoraussetzungen, wie z.B. eine erforderliche Trennungszeit. Viele Rechtsordnungen machen zudem das Vorliegen bestimmter Gründe zur Scheidungsvoraussetzung. Ohne deren Vorliegen wird die Scheidung nicht ausgesprochen. Vermögensrechtliche Folgen der Ehe und Unterhaltspflichten sind hingegen (ebenso wie etwa die Frage des Namens der Ehegatten, die elterliche Sorge und Erbschaften) aus dem Wirkungsbereich von Rom III ausgenommen.
Das ausländische Scheidungsrecht wird auch dann angewandt, wenn es nicht das Recht eines an Rom III teilnehmenden Staats ist. Nur wenn das ausländische Recht eine Ehescheidung gar nicht vorsieht, oder einem der Ehegatten aufgrund seines Geschlechts keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung gewährt, ist es nicht anzuwenden, sondern stattdessen das Recht des Staates des angerufenen Gerichts. Ansonsten kann die Anwendung einer Vorschrift des anzuwendenden Rechts nur versagt werden, wenn diese Anwendung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Staates des angerufenen Gerichts widerspricht.
4. Wo ist der gewöhnliche Aufenthalt?
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dies wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse ermittelt; dabei wird festgestellt, wo der Schwerpunkt der sozialen Kontakte zu suchen ist, insbesondere in familiärer und beruflicher Hinsicht. Als nicht nur vorübergehend gilt stets und von Beginn an ein beabsichtigter zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer, kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person oder eines Ehepaars kann daher bereits mit dem Umzug an einen anderen Ort wechseln. Dies gilt für dauerhaft ins Ausland ziehende Personen, aber auch für solche, die sich nur zeitweise ins Ausland begeben, jedenfalls dann wenn die Entsendung auf mehr als sechs Monate angelegt ist und der tatsächliche Daseinsmittelpunkt dorthin verlagert wird.
5. Was ist bei der Rechtswahl zu beachten?
a. zeitlich
Rom III eröffnet die Möglichkeit, durch Vereinbarung das auf die Scheidung anzuwendende Recht zu bestimmen. Eine solche Rechtswahl kann auch noch unmittelbar vor der Anrufung des Gerichts und in Deutschland sogar noch im laufenden Verfahren getroffen werden. Es ist aber ratsam, sie frühzeitig zu treffen.
Eine Rechtswahl, die in einem Ehevertrag vor dem Inkrafttreten von Rom III getroffen wurde, bleibt wirksam. Allerdings werden Eheverträge zwischen Partnern mit derselben Staatsangehörigkeit eine solche Wahl regelmäßig nicht enthalten, denn das auf die Scheidung anwendbare Recht war für diese Partner bisher nicht wählbar. Die (auch bisher mögliche) Wahl eines Rechts für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe stellt keine Wahl des auf die Scheidung anwendbaren Rechts im Sinne von Rom III dar.
b. förmlich
Rom III sieht die Schriftform (z.B. am Computer geschrieben, datiert und von beiden
Ehegatten unterschrieben) vor. Haben beide Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem nicht an Rom III teilnehmenden Staat, ist für die Rechtswahl die Schriftform ausreichend, auch wenn sie sich vor einem deutschen Gericht scheiden lassen wollen. Wenn beide Ehegatten aber im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem an Rom III teilnehmenden Staat haben (oder einer in diesem Staat und der andere in einem nicht an Rom III teilnehmenden Staat) und dieser zusätzliche oder abweichende Formvorschriften vorsieht, sind die Formvorschriften dieses Staates zwingend einzuhalten. Deutsche Formvorschriften für die zu treffende Rechtswahlvereinbarung verlangen eine notarielle Beurkundung. Sie sind (nur dann) zwingend anwendbar, wenn beide Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder der eine
dort und der andere in einem nicht teilnehmenden Staat hat. Sie sind eine Option, wenn ein Ehepartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und der andere in einem anderen teilnehmenden Staat hat.
6. Wo kann ein Scheidungsverfahren stattfinden?
Einer der Partner kann ein Gericht am gemeinsamen ausländischen Wohnort anrufen. Ein nach Trennung am ausländischen Wohnort nach Deutschland zurückgekehrter Ehegatte kann unter bestimmten Voraussetzungen das für seinen neuen deutschen Wohnort örtlich zuständige deutsche Gericht anrufen. Wenn beide Partner Deutsche sind, können sich auch im Ausland lebende Ehepaare in Deutschland scheiden lassen (vor dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg), falls sie sich nicht im Ausland scheiden lassen wollen.
7. Besonderheiten in Bezug auf Laos
Auf Wunsch können die Unterschriften unter den Rechtswahlerklärungen, die lediglich der Schriftform bedürfen an der Botschaft Vientiane beglaubigt werden.
Denkbar ist etwa die Formulierung: „Für den Fall der Scheidung bestimmen wir das
deutsche Recht als das auf unsere Scheidung anwendbare Recht.“ oder „Auf unsere
Scheidung soll deutsches Recht anwendbar sein.“ Notarielle Beurkundungen können bis auf weiteres an der Botschaft Vientiane NICHT vorgenommen werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird geraten die Rechtswahl vor einem deutschen Notar beurkunden zu lassen.

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